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Das Jahresmagazin von Innosuisse 2021

Themenbeitrag

Export von Schweizer Innovationen

Mit Innovationen aus der Schweiz international Fuss fassen

Die Schweiz besitzt wenige natürliche Ressourcen. Das Gold der Schweiz sind Bildung, Forschung und innovative Entwicklung. «Es ist essenziell für ein kleines Binnenland wie die Schweiz, kontinuierlich in Köpfe zu investieren, Spitzenforschung zu betreiben, innovative Lösungen zu entwickeln und neue Wege zu gehen», sagt Dr. Felix Moesner, Konsul und CEO von Swissnex in Japan. Diese Strategie geht auf: Seit elf Jahren am Stück ist die Schweiz gemäss Global Innovation Index (GII) das innovativste Land der Welt.

Trotz Spitzenplätzen im internationalen Vergleich dürfe sich die Schweiz nicht auf den Lorbeeren ausruhen, betont Felix Moesner, der für Swissnex seit über zehn Jahren Schweizer Start-ups, Unternehmen und Forschungsinstitute international vernetzt und den Blick auf die Schweizer Innovationslandschaft von innen, aber auch von aussen hat. «Innovation ist unser Antriebsstoff – und den müssen wir pflegen.» Andere Länder wie Schweden (2. Platz im GII) oder die USA (3. Platz) sind uns dicht auf den Fersen.

Sprung in die weite Welt hinaus

Die hohe Innovationskraft der Schweiz und die ausgezeichneten Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Forschung sind optimale Grundlagen für die Schaffung von Produkten und Dienstleistungen, die von der Schweiz aus die Welt erobern. Hinzu kommt, dass der Schweizer Markt wegen seiner Grösse beschränkt ist.

Im Jahr 2020 hat die Schweizer Wirtschaft gemäss Zollstatistik für 225 Milliarden Franken Waren ins Ausland geliefert (ohne Transithandel). Fast die Hälfte dieser Summe betreffen Exporte in EU-Länder. Die wichtigsten Exportgüter der Schweiz sind Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie (52%), Maschinen (13%), Uhren (8%) und Präzisionsinstrumente (7%).

Dass der Export für Gründerinnen und Gründer hierzulande ein grosses Thema ist, zeigt auch der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) 2020/21. Demnach planen zwei Drittel der Jungunternehmen in der Schweiz, Umsätze im Ausland zu generieren. Im Vergleich mit über 60 Ländern sind Schweizer Start-ups überdurchschnittlich international.

International erfolgreich mit Turnschuhen und Fleisch auf Pflanzenbasis

Der Weg von der Gründung eines Unternehmens bis zum erfolgreichen Export in andere Länder ist lang – und steinig. Dennoch schaffen es viele von Innosuisse unterstützte KMU und Start-ups aus der Schweiz heraus relativ schnell, international erfolgreich zu sein. So zum Beispiel der Schuhhersteller On, der sich mit seinen innovativen Laufschuhen gegen internationale Branchengiganten behauptet. Oder das junge Zürcher Start-up Planted, das nachhaltige Fleischalternativen aus Pflanzen anbietet. Das Start-up wagte, kaum gegründet, den Sprung nach Europa – mit ungebremstem Erfolg.

Auch Margaux Peltier, CEO von Enerdrape, sieht grosses Potenzial, ihre nachhaltige Energielösung dereinst im Ausland auf den Markt zu bringen. Das Spin-off der EPFL hat spezielle Paneele entwickelt, die geothermische Wärme und Abwärme nutzen können, um Gebäude zu heizen oder zu kühlen. «Unsere Technik ist genug ausgereift, um sofort ins Ausland zu expandieren, doch für eine erfolgreiche Vermarktung brauchen wir noch Zeit.»

Auch wenn das Start-up noch im Aufbau ist: Verschiedene Unternehmen in Frankreich, Grossbritannien, Kanada, den Niederlanden, den USA oder Deutschland haben an ihrer Idee schon Interesse gezeigt. Margaux Peltier: «In der Schweiz hat Innovation einen hohen Stellenwert. Das ist bei der Entwicklung und auch für den Markteintritt sehr wichtig. Um international längerfristig erfolgreich zu sein, ist es aber auch wichtig, sich im Ausland die richtigen Partner zu suchen.»

Starthilfe in fremden Märkten

International die richtigen Partner zu finden, dabei hilft Innosuisse – mit verschiedenen Angeboten wie der Vernetzung mit internationalen Akteuren. Das Enterprise Europe Network (EEN) unterstützt Firmen unter anderem dabei, gezielt internationale Kooperationspartner zu finden. Start-ups können zudem an internationalen Messen oder Internationalisierungscamps in verschiedenen Ländern der Welt teilnehmen. Oxyle und Art Recognition sind nur zwei Beispiele von Unternehmen, die Innosuisse entsprechend unterstützt hat.

Um der wachsenden Nachfrage nach Internationalisierung gerecht zu werden, wurden eben erst zwei neue Camps eröffnet, in Südkorea und Japan. Das Market Entry Camp in Japan steht wie der grösste Teil der anderen elf Standorte unter der Leitung von Swissnex. Als offizielles Netzwerk des Bundes hilft Swissnex Schweizer Start-ups dabei, in fremden Märkten Fuss zu fassen. Der Mitinitiant und Betreiber des Japan-Camps, Felix Moesner, staunt: «In den wenigen Monaten seit Eröffnung wurden wir überrannt von japanischen Investorinnen und Investoren und Venture-Armen von Firmen, die sich an Schweizer Start-ups beteiligen möchten. Wir sind überwältigt vom riesigen Interesse.»

Viele japanische Firmen hätten ein grosses finanzielles Polster, sagt Moesner. «Sie möchten gerne in Innovationsprojekte investieren, um neue Trends aufzunehmen und ihr Reservoir an Innovationen zu stärken. Zudem haben Start-ups, die Schweizer Werte repräsentieren, ähnliche Wertvorstellungen und denselben hohen Standard. Und genau das beeindruckt Japanerinnen und Japaner. Für sie zählt nicht Quantität, sondern Qualität.»

Schweizer Herkunftsangabe als Bonuspunkt

Und für diese Qualität steht die «Marke» Schweiz. Unter dem Label «Swissness» lassen sich Waren und Dienstleistungen weltweit gut vermarkten. Schweizer Unternehmen sind seit Jahrzehnten bekannt für ihre Präzision und Zuverlässigkeit.

Damit eine Ware oder eine Dienstleistung als «schweizerisch» bezeichnet werden darf, müssen mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten auf die Schweiz entfallen. «Dazu zählen zum Beispiel die Kosten für das Material und die Fertigung, aber auch für die Forschung und Entwicklung», präzisiert Dr. Thierry Calame, Verwaltungsrat von Innosuisse und Experte für Marken- und Patentrecht. Zudem muss die Tätigkeit, welche dem Produkt seine «wesentliche Eigenschaft» verleiht, ebenfalls in der Schweiz vorgenommen werden. «Die Berechnung des «Swissness-Anteils» ist relativ kompliziert. Aber letztlich geht es immer darum, dass man die Konsumierenden nicht irreführen oder täuschen darf.»

Handwerkskunst statt Hightech-Produkte – Klischeeschweiz als Problem

Die Expansion aus der Schweiz heraus kann gerade für Technologieunternehmen eine Herausforderung sein. Denn im Gegensatz zu internationalen Vergleichen und Studien wird die Schweiz in der breiten Bevölkerung oft noch nicht als innovatives Land wahrgenommen – besonders in Märkten, die weiter entfernt sind.

Diese Erfahrung hat Felix Moesner in den USA, China und Japan gemacht. Im Gegensatz zur gebildeten, mobilen und englischsprachigen Elite, die eine differenzierteres Bild der Schweizer Stärken hat, dominieren in der oberflächlichen Wahrnehmung der breiten Masse die traditionellen Werte und Klischees der Schweiz: eine intakte Natur, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Neutralität und Wohlstand.

Das allgemeine Bild der Klischee-Schweiz widerspiegelt nicht, dass die Schweiz zu den innovativsten Ländern der Welt zählt und im Sektor Wissenschaft und Technologie eine extreme Leistungsfähigkeit aufweist. Dies belegen auch die Daten des Anholt-Ipsos Nation Brand Index (NBI), der das Markenimage von weltweit 60 Nationen vergleicht. Im Index, für den die Bevölkerung von 20 Ländern online befragt wird, schafft es die Schweiz in den Bereichen Exportprodukte und Innovationskraft nicht auf die vorderen Ränge.

Sich als modernes Land zeigen

Für den erfolgreichen Export von Innovationen ist es wichtig, dass sich die Schweiz verstärkt als fortschrittliches und modernes Land präsentiert. Eine der nächsten Gelegenheiten ist die Weltausstellung 2025 in Osaka. Der Schweizer Pavillon soll unter dem Motto «Innovative Schweiz» stehen. Anhand von Beispielen aus Forschung und Wirtschaft soll gezeigt werden, wie die Innovationskraft der Schweiz zu Wohlstand und Nachhaltigkeit beiträgt. Dies lasse sich auch mit bisherigen Klischeewerten kombinieren, betont Moesner. «Dass die japanische Bevölkerung die Schweiz mit frischer Luft assoziiert, ist ja an und für sich etwas sehr Positives. Es zeigt, dass wir der Natur einen Wert geben, sie pflegen und versuchen, mit unseren knappen Ressourcen nachhaltig umzugehen.»