Discover

Das Jahresmagazin von Innosuisse 2021

Themenbeitrag

Export von Schweizer Innovationen

«Ungewöhnliche Ansätze und Risikofreude sind wichtig»

Nachgefragt bei…

Dr. Felix Moesner

Wissenschaftskonsul und CEO von Swissnex in Japan*

Was soll eine Unternehmerin oder ein Unternehmer tun, um Innovation erfolgreich ins Ausland zu exportieren?

Es ist essenziell, dass man sich vorher gut über den Markt, in dem man Fuss fassen will, informiert. Dazu gehören Abklärungen wie Geschäftsmöglichkeiten, lokale Trends, die Bedürfnisse der Bevölkerung oder länderspezifische Vorschriften. Genauso wichtig ist aber auch das Wissen und das Verständnis für die kulturellen Hintergründe des Landes. Dabei kann es hilfreich sein, wenn man das anvisierte Land zuerst einmal als Touristin oder Tourist besucht. Zudem soll man sich nicht davor scheuen, sich beraten zu lassen und Hilfe anzunehmen. In der Schweiz gibt es dafür ja verschiedene Anlaufstellen – zum Beispiel Switzerland Global Enterprise. Wir bei Swissnex machen zum Beispiel immer mehr Beratungen über Videotools. Wer sich informiert und beraten lässt, baut nicht nur sein Wissen aus, sondern auch das für die Expansion in neue Märkte nötige Selbstbewusstsein auf.

Wie hilft Swissnex Schweizer Firmen beim Export ihrer innovativen Ideen und Produkte?

Zuerst evaluieren wir mit den Start-ups, ob das Produkt zum Markt passt und ob das Jungunternehmen schon bereit ist für die Expansion. In den Internationalisierungscamps, die wir im Auftrag von Innosuisse durchführen, geht es dann konkret um den Eintritt in den neuen Markt: Wir klären die Bedürfnisse mit den Start-ups individuell ab. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Expansion nach Japan aussehen könnte: Geht es zum Beispiel um den simplen Verkauf von Produkten in Japan oder wird eine japanische Firma für einen Joint Venture/eine vertiefte Zusammenarbeit gesucht? Es kann auch sein, dass ein japanisches Unternehmen dafür gewonnen werden kann, ein Standbein in der Schweiz aufzubauen, indem es mit dem Start-up in der Schweiz eine enge Partnerschaft eingeht. Oder das Schweizer Start-up entscheidet sich, in Japan eine Niederlassung zu gründen, weil es im dortigen Markt grosses Potenzial sieht. Wir bieten schnelle und unkomplizierte Lösungen – zum Beispiel einen Arbeitsplatz, bevor das eigene Büro vor Ort gegründet wird. Manchmal vermitteln wir einfach nur geeignete neue Mitarbeitende. Es gibt nicht den einen Weg, wenn sich eine Firma entscheidet, im neuen Markt Fuss zu fassen. In Boston hat Swissnex bisher 400 Start-ups beraten, in China 300 Start-ups, und auch in Japan geht es ruck-zuck: Obwohl wir erst vor ein paar Monaten unseren Betrieb hier aufgenommen haben, sind wir schon mit über 20 Schweizer Start-ups in Kontakt.

Die Schweiz wird, vor allem in fernen Märkten, oft mit traditionellen Klischees in Verbindung gebracht, die wenig mit der modernen und innovativen Seite zu tun haben. Wie kann die Schweiz international besser auf ihre High-Tech-Errungenschaften aufmerksam machen?

Indem die Schweiz aktiv auf ihre innovativen Leistungen aufmerksam macht. Gleichzeitig soll sie aber auch die bewährten Schweizer Werte betonen. Nehmen wir zum Beispiel die Japanerinnen und Japaner: Ihnen sind traditionelle Werte und Leistungsfähigkeit wichtig – da sehe ich viele Parallelen zur Schweiz. Ich glaube, wir können viel mehr rausholen, wenn wir versuchen, die Klischees, für die die Schweiz im Ausland steht, mehr in Richtung Innovation zu lenken.

Es ist wichtig, Dinge «out of the Box» zu denken und anzugehen. Auch risikofreudiger zu werden. Denn ohne Risikofreudigkeit gäbe es keine Innovation. Das beweisen wir ja bei Swissnex und Innosuisse tagtäglich. Für die erfolgreiche Vermarktung von Schweizer Innovation kann man zum Beispiel Errungenschaften aus der Schweiz präsentieren, die im Ausland nicht bekannt sind.

Lassen Sie mich ein Beispiel geben: In China hat mich fasziniert, wie viele Elektrofahrzeuge dort auf der Strasse unterwegs sind. Darauf sind die Chinesinnen und Chinesen sehr stolz und betonen bei jeder Gelegenheit, dass sie E-Autos massentauglich gemacht hätten. Was man dort aber nicht wusste: dass die Schweiz das schnellste Elektrofahrzeug hat. Das «Grimsel»-Auto wurde an der ETH entwickelt und hält den Guiness-Weltrekord für das schnellste Elektroauto. Wir hatten das Glück, dass wir das 160 Kilo leichte, autonom fahrende Geschwisterfahrzeug aus der gleichen Serie nach China bringen konnten. Während der Pandemie konnte ja keine Delegation aus der Schweiz nach Shanghai reisen. Wir präsentierten das Auto mit dem offiziellen Zertifikat an verschiedenen Events und Ausstellungen und konnten so die innovative Seite der Schweiz zeigen. Einmal brachten wir sogar zwei Superlative zusammen: das schnellste E-Auto im höchstem Gebäude von ganz Asien. Das hat ein riesiges Echo ausgelöst.

*Der studierte Elektroingenieur arbeitet seit 20 Jahren in verschiedenen Funktionen im Ausland. Er hat für Swissnex das erste Wissenschaftskonsulat der Schweiz in der amerikanischen Wirtschaftsmetropole Boston geleitet und eine Aussenstelle in New York aufgebaut. Seither hat er zusammen mit seinem Team schon Hunderten von Startups und verschiedenen Forschungsinstituten dabei geholfen, sich im Ausland erfolgreich zu vernetzen und internationales Wissen, Ideen und Talente auszutauschen.