Kunstfälschungen anhand eines Fotos erkennen
«Nach Abschluss meiner Doktorarbeit in theoretischer Physik im deutschen Tübingen zog es mich nach Zürich. Doch meine Arbeit als Risikomanagerin bei einer Schweizer Grossbank langweilte mich schnell. Auf die Idee, eine eigene Firma zu gründen, kam ich aber eher durch Zufall.
Ich war immer schon an Kunst interessiert. Eine ehemalige Nachbarin, eine Kunsthistorikerin, erzählte mir von den vielen Fälschungen, mit denen der Kunsthandel zu kämpfen hatte. Viele Fälscherinnen und Fälscher machen ihren Job sehr gut: Sie kennen zum Beispiel die genauen Farbbestandteile einer bestimmten Epoche und mischen ihre Farben dann entsprechend.
Ich begann mich fürs Thema zu interessieren und konnte nicht glauben, dass es dafür noch kaum digitale Lösungen gab. Ich schrieb ein einfaches Programm und sah, dass die Idee funktionierte. Anfang 2019 gründete ich zusammen mit meiner guten Freundin Christiane das Start-up Art Recognition, um ein System für Kunstauthentifizierung anhand von Künstlicher Intelligenz (KI) zu entwickeln. Inzwischen beschäftigen wir drei Festangestellte und einen Postdoc. Er hilft uns, das KI-System zu trainieren und zu verbessern.
Analyse durch Künstliche Intelligenz
Das System von Art Recognition basiert auf Künstlicher Intelligenz. Ihre Algorithmen analysieren das Foto eines Kunstwerks und beurteilen, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt. Dazu reicht die Qualität eines einfachen Smartphone-Fotos.
Bevor das KI-System ein Gemälde einer bestimmten Künstlerin oder eines bestimmten Künstlers analysieren kann, braucht es entsprechendes Training: Es werden dem System während Tagen möglichst viele Originalwerke gefüttert. Zusätzlich werden Bilder anderer Malerinnen und Maler eingelesen, die einen ähnlichen Stil haben oder aus derselben Epoche stammen. Das System analysiert die verschiedenen Bilder aufs kleinste Detail und speichert die Merkmale ab, zum Beispiel den Pinselstrich oder die Zusammensetzung der Farbe. Die von Kundinnen und Kunden hochgeladenen Fotos werden dann auf dieselben Merkmale untersucht.
Natürlich gibt es auch andere Methoden, um Fälschungen von Originalen zu unterscheiden – zum Beispiel durch Expertinnen und Experten oder Provenienzforschung, die die Herkunft von Kunstwerken untersucht. Doch Expertinnen und Experten sind nicht immer objektiv und sich untereinander oft nicht einig. Und Angaben zur Herkunft können gefälscht sein. Zudem gibt es Lücken in der Rückverfolgung von Besitzverhältnissen, zum Beispiel während der Weltkriege.
Die herkömmlichen Methoden sind teuer und zeitaufwendig. Bei unserem KI-System zeigt sich innerhalb von ein bis zwei Wochen, ob ein Kunstwerk echt ist oder nicht. Zudem muss man die Kunstwerke nirgendwo hin transportieren und teuer versichern lassen. Es reicht, mit dem Smartphone ein Foto zu machen und es hochzuladen.
Wir haben bereits über 500 Werke analysiert. Zu unseren Kundinnen und Kunden, die in der ganzen Welt verstreut sind, zählen Kunsthändlerinnen, Privatsammler, Galerien, Auktionshäuser, Family Offices oder Kunstvermittlungs-Plattformen.
Innosuisse war von Anfang an eine sehr wichtige Partnerin für uns. In den verschiedenen Start-up Coaching Programmen haben wir viel gelernt: Zum Beispiel, wie wir unser Geschäft und unsere Marke entwickeln können, was es für eine erfolgreiches Marketing braucht oder wie wir auf Kundinnen und Kunden zugehen sollen. Zudem erhielten wir Unterstützung beim Networking und kamen in Kontakt mit Kunstexpertinnen und -experten und anderen wichtigen Partnerinnen und Partnern. Besonders wertvoll war das Internationalisierungscamp in New York: Dort konnten wir viele wichtige Kontakte knüpfen, zum Beispiel beim Auktionshaus Christie’s. Auf dieser Reise haben wir auch Joachim Pissarro kennengelernt, einen Ur-Enkel des Impressionisten Camille Pissaro. Er ist heute ein wichtiger Partner von uns.
Im Rahmen eines Eurostars-Projekts arbeiten wir mit der Tilburg Universität in den Niederlanden zusammen. Professor Eric Postma und sein Team forschen seit Jahren daran, Kunstfälschungen per KI zu erkennen. Wir hätten noch weitere Pläne zusammen, aber leider können wir uns als Schweizer Unternehmen wegen der fehlenden Assoziierung nicht mehr für das EU-Programm Horizon bewerben.
Von der Coronapandemie hat unser Unternehmen eher profitiert: Der verstärkte Trend zur Digitalisierung gab unserem Geschäft einen grossen Schub. Unser Ziel ist es, in unserem Bereich Weltmarktführende zu werden. Jedes Kunstwerk, das verkauft wird, soll künftig über uns gehen. Andererseits haben wir nicht nur unser Unternehmen im Auge. Genauso wichtig ist uns, dass wir mit unserer Arbeit die Wissenschaft vorantreiben.»
Dr. Carina Popovici, CEO des Start-ups Art Recognition
Unterstützung durch Innosuisse
- Start-up Coaching: Initital Coaching, Core Coaching, Scale-up Coaching Phase 1
- Internationalisierungscamp
- Eurostars